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Podiumsdiskussion Jahrestagung 2025: Schwindet der Rückhalt für die Menschenrechte in der Schweiz?

Seitenkontext

Podiumsdiskussion Jahrestagung 2025: Schwindet der Rückhalt für die Menschenrechte in der Schweiz?

Nationalistische Kräfte stellen die europäischen Institutionen für Menschenrechte in Frage – Entfernt sich auch die Schweiz vom Schutz der Menschenrechte? Während der Jahrestagung 2025 der SMRI zogen drei Panelist*innen Bilanz der Lage – in einem Kontext, in dem Rechtsstaatlichkeit und Multilateralismus weltweit infrage gestellt werden.

Four participants of the annual conernece of the Swiss Human Rights Institution in Olten are having a panel discussion while being translated by two other women.
  • Corina Heri, Assistenzprofessorin für Verwaltungs- und Verfassungsrecht an der Universität Tilburg (Niederlande)

  • Daniel Binswanger, Journalist und Co-Chefredaktor des Online-Magazins Republik

  • Nesa Zimmermann, Assistenzprofessorin und Inhaberin des Lehrstuhls für schweizerisches und vergleichendes Verfassungsrecht an der Universität Neuenburg

  • Moderation: Stefan Schlegel, Direktor der SMRI

Stefan Schlegel, Moderation: Heute erleben wir eine eigentliche Kampagne gegen den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) durch die Schweiz – insbesondere in Zusammenhang mit dem Fall der Klimaseniorinnen – sowie durch andere europäische Staaten. Es scheint, als würde das Schutzsystem der Menschenrechte, insbesondere auf europäischer und internationaler Ebene, grundsätzlich infrage gestellt werden. Müssen wir uns Sorgen machen? Und wenn ja, was können wir dagegen tun?

Nesa Zimmermann: Zunächst möchte ich vor einer gewissen Form des «Präsentismus» warnen – also vor Erzählungen, die die heutige Situation als einzigartig und beispiellos darstellen. Es ist wichtig hervorzuheben, dass sich der Schutz der Menschenrechte in den letzten fünfzehn Jahren in mancher Hinsicht verbessert hat, zum Beispiel durch die Anerkennung der Ehe für alle. Gleichwohl ist es richtig, dass wir heute eine Infragestellung grundlegender Rechte erleben – ein Prozess, der möglicherweise mit dem Jahr 2001 und der darauffolgenden Terrorismusbekämpfung begann. Hinzu kommt ein Narrativ, das sich zunehmend verbreitet, dass die Menschenrechte nur einer Minderheit nützen würden. Dieses Narrativ sollte kritisch hinterfragt werden. Es wird von einigen Politiker*innen stark betont, findet jedoch nicht zwingend Bestätigung bei Volksabstimmungen. Man erinnere sich an das Scheitern der sogenannten Initiative gegen «fremde Richter» im Jahr 2018.

Corina Heri: Die Kritik an den Menschenrechten lässt sich in drei Diskurse unterteilen. Erstens die Politisierung der Menschenrechte – also ihre Darstellung als politisches Instrument statt als solides juristisches Fundament. Das zeigte sich deutlich im Fall der Klimaseniorinnen: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) wurde bezichtigt, «Politik zu machen». Dabei wird übersehen, dass Recht und Politik eng miteinander verflochten sind. Zweitens eine populistische Aneignung der Gewaltenteilung: Die Mehrheit sei allmächtig und Menschenrechtsverteidiger*innen seien «Feinde der Demokratie». Und drittens: Menschenrechte sollen auf ein Minimum reduziert werden, damit sie wirtschaftlichen, sozialen oder ökologischen Fortschritt nicht «behindern».

Daniel Binswanger: Der Kern des Populismus ist es, ein autoritäres Projekt im Gewand demokratischer Rhetorik zu verpacken. Dafür müssen individuelle Rechte abgebaut werden – Minderheiten sollen nicht mehr geschützt werden, denn angeblich könne «die Mehrheit» kein Unterdrücker sein. Die Schweiz war in Europa bereits in den 1990er-Jahren ein Vorreiter dieses populistischen Diskurses. Inzwischen ist die Infragestellung der Menschenrechte strukturell geworden.

Stefan Schlegel: Erleben wir auch in traditionell menschenrechtsfreundlichen politischen Kreisen einen Rückgang der Unterstützung?

Nesa Zimmermann: Ja, ich habe den Eindruck, dass es in manchen politischen Kreisen eine rhetorische Unterstützung gibt, die inhaltlich sofort wieder entwertet wird:  «Ich bin für Menschenrechte – aber das hier geht zu weit.» Diese Art der Kritik ist besonders wirksam, weil sie als Zustimmung daherkommt.

Daniel Binswanger: Die rechtsradikale Politik in der Schweiz stösst gegen das Menschenrechtsschutzsystem vor. Die SVP fordert beispielsweise den Austritt aus der EMRK mit dem Argument, Schweizer Recht reiche aus. Andere Parteien betreiben Utilitarismus: Aus Angst vor Stimmenverlusten übernehmen sie diesen Kurs. Damit verschieben sie den gesamten politischen Diskurs nach rechts. Es gibt auch linkspopulistische Tendenzen, welche die Rechtsstaatlichkeit als konservativ abtun. Doch derzeit dominiert klar der Rechtspopulismus.

Stefan Schlegel: Wie hängt diese Infragestellung der Menschenrechte mit dem globalen Vertrauensverlust in die internationale Ordnung zusammen?

Corina Heri: Es gibt definitiv einen Zusammenhang. Der Schutz der Menschenrechte ist auf die Zusammenarbeit zwischen Staaten angewiesen. Diese Kooperation ist notwendig, damit Staaten ihre menschenrechtlichen Verpflichtungen erfüllen. Doch die globale Stimmung ist geprägt von Enttäuschung gegenüber der internationalen Ordnung. Nach dem Kalten Krieg bestand grosse Hoffnung auf Frieden, Gleichheit und internationale Zusammenarbeit. Die Entwicklung des Völkerstrafrechts spiegelte diesen Optimismus wider. Heute erleben wir jedoch eine Desillusionierung. Die Ursache liegt womöglich weniger bei den Menschenrechten selbst als vielmehr bei den neoliberalen Lösungsansätzen, die hinter den Erwartungen zurückblieben. Daraus folgt: Wir brauchen mehr Menschenrechte, nicht weniger – insbesondere wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, die auch in Europa noch zu wenig umgesetzt werden.

Nesa Zimmermann: Der Zusammenhang zwischen Demokratie und Menschenrechten ist sehr komplex und hängt davon ab, wie man Demokratie definiert. Wie M. Binswanger anmerkte, lautet die populistische Definitione «Die Mehrheit hat immer recht».  Dies stellt jedoch eine verkürzte Sicht der Demokratie dar. Wie auch Demokratie-Indizes zeigen, umfasst Demokratie mehr als freie und faire Wahlen: Sie erfordert auch den Schutz grundlegender Freiheitsrechte.

Mehr Informationen zur Jahrestagung 2025

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Im März 2025 hat die Schweizerische Menschenrechtsinstitution (SMRI) das von humanrights.ch betriebene Informationsportal übernommen. Sie befinden sich nun auf dem neuen Portal.

Diese Migration ging mit einer umfassenden Neustrukturierung einher. Die gesuchten Informationen sind möglicherweise nicht mehr in derselben Form wie zuvor präsentiert. Wir hoffen, dass Sie sich schnell an die neue Struktur und Aufbereitung der Informationen gewöhnen.

Für Fragen und Rückmeldungen: info@isdh.ch

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